Sich selbst für Fehler geißeln ist weder gesund noch produktiv – das gilt auch für das Verurteilen der Fehler von Chefs, Kolleginnen oder Kollegen. Was helfen kann: Die häufigsten Standardfehler zu kennen und sie richtig einzuordnen. So kannst Du nachsichtiger mit Deinen eigenen Fehlern oder den Fehlern anderer umgehen und eine liberale Fehlerkultur fördern, in der man lernt, statt zu verzweifeln.
Wir stellen Dir die drei menschlichen Standardfehler vor, die einfach immer wieder auftauchen. Wenn Du sie kennst, kannst Du besser mit ihnen umgehen – und auch lernen, sie zukünftig zu vermeiden!
Nr 1: Ironischer Fehler – „Denke nicht an einen rosa Elefanten.“
Bloß nicht den Namen des Kunden vergessen, bloß nicht den Namen des Kunden vergessen… Zack, weg! Diese Art von Fehler beschreibt Jürgen Schäfer in seinem Buch „Lob des Irrtums“ mit dem Begriff „Ironischer Fehler“. Soll heißen, ironische Fehler sind solche, die uns passieren, obwohl – oder gerade, weil – wir zwanghaft versuchen sie zu vermeiden.
Ist ja auch klar, denn unser Gehirn ist nicht in der Lage ein „Nein“ oder ein „Nicht“ zu verarbeiten. Die Nachricht, die im Gehirn ankommt lautet: „Den Namen des Kunden vergessen!“ Zu diesem Decodierungsfehler des Gehirns kommt noch ein weiterer kognitiver Ablauf, der das Entstehen von ironischen Fehlern positiv begünstigt: Wenn bestimmte Fehlerausgänge stark mit negativen Konsequenzen verknüpft sind, wird beim Ausführen der Tätigkeit so viel Kapazität an das Verhindern des negativen Ausgangs gebunden, dass nicht genug Fokus übrigbleibt, um die Tätigkeit fehlerfrei auszuführen.
Die Lösung ist einfach: Lass den Fehler zu und benenne das Zielverhalten positiv! Wenn Du Dir selbst und Deinem Team einen Raum für Fehler einräumst, wirst Du merken, wie sich die Anzahl an ironischen Fehlern verringert. Zusätzlich wird sich bei Dir und in Deinem Team mehr Gelassenheit einstellen. Das ist nur einer der positiven Nebeneffekte einer liberalen Fehlerkultur.
Achte außerdem auf Deine Sprache. Solltest Du häufig negative Formulierungen verwenden, dann überlege Dir, wie Du das Zielverhalten positiv benennen kannst. Um im Beispiel zu bleiben: Statt „Bloß nicht den Namen des Kunden vergessen“, könnte ein „Denke daran, den Namen des Kunden zu erwähnen“ treten. Das stärkt zudem die Motivation.
Fehler Nr. 2: Abwegiger Fehler – auf die Perspektive kommt es an
„Wie kann denn jemandem ein solcher Fehler passieren?“ Wenn Du Dir diese Frage stellst, ist wahrscheinlich gerade jemandem ein abwegiger Fehler unterlaufen. Der zweite Standardfehler zeichnet sich dadurch aus, dass es für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbar ist, wie ein solcher Fehler zustande kommen kann.
Abwegige Fehler sind von der Perspektive abhängig. Soll heißen, ein Fehler, der Dir als abwegig erscheint, erscheint aus einer anderen Perspektive ganz und gar nicht abwegig. Haltung spielt eine übergeordnete Rolle im Umgang mit diesem Fehlertyp: Nur weil Du Dir nicht vorstellen kannst, dass Dir dieser Fehler passieren könnte, heißt das nicht, dass Du Deinem Gegenüber kein Verständnis für einen solchen Fehler zeigen kannst.
Das ist vielleicht zu Beginn ungewohnt, aber ein wichtiges Training. Jeder Mensch hat andere Stärken und Schwächen. So könnte es passieren, dass für jemand anderen die Dinge, an denen Du am meisten knabberst und dort vielleicht einen Fehler einbaust, einen abwegigen Fehler darstellen.
Erlaube Dir und anderen also auch die Fehler, die vermeidbar oder unmöglich erscheinen! Wir sind keine Roboter und so wird selbst Dir bei den einfachsten Routinearbeiten hin und wieder ein kleiner Fehler unterlaufen. Sich selbst oder anderen einen Fehler eingestehen, lässt Dich nicht schwach erscheinen. Ganz im Gegenteil! Wer Fehler erlaubt, wird als großzügig und vertrauensvoll wahrgenommen.
Fehler Nr. 3: Kreativer Fehler – 1000 Arten einen „Fehler“ zu begehen
„Ich habe nicht versagt, ich habe nur 1000 Wege gefunden, die nicht funktionieren.“ Am Ende fand Thomas Edison dennoch einen Weg, wie man einen kleinen Draht in einem Glaskolben zum Leuchten bringen kann. Die Glühbirne war erfunden. Wenn man den Prozess analysiert, wie Edison dieses Problem gelöst hat, kommt man zu dem Ergebnis, dass Edison viele Fehler gemacht hat. Was bedeutet es eigentlich für Dich, einen Fehler zu begehen?
Die deutsche Leistungsgesellschaft kann bislang einem Fehler selten etwas Gutes abgewinnen. Sowohl der sprachliche Begriff als auch das gedankliche Konzept eines Fehlers sind negativ konnotiert. Wir fassen den Fehlerbegriff sehr eng. Meist gilt ein Ergebnis schon als Fehler, wenn es von der Idealvorstellung abweicht.
Aber so, wie bekanntlich 1000 Wege nach Rom führen – oder eben zur Erfindung einer Glühbirne – so gibt es auch für die Lösung Deiner Probleme 1000 Lösungswege. Selbst wenn ein Weg nicht zum Erfolg führt, muss dieser Fehler nicht immer ein Versagen sein, sondern kann als eine wertvolle neue Erfahrung angesehen werden.
Gehe also gerne neue Wege! Wenn Du genug kreative Fehler machst und damit genug Erfahrung gesammelt hast, kannst Du diese Puzzlestücke zur Lösung des Problems neu zusammensetzen. Vielleicht ist das Resultat viel besser, als jenes, das Deiner Vorstellung entsprang. Komplexe Probleme erfordern kreative Lösungswege. Ein Fehler kann immer nur die Konsequenz einer Handlung sein. Und Handlungen brauchen Mut. Belohne diesen Mut!