Offenheit und Kommunikation sind die Schlüssel zu einem gesunden Miteinander im Unternehmen. Klingt eigentlich simpel, ist es aber oft nicht. Schon gar nicht im Zusammenspiel der verschiedenen Generationen. Aber – das sei gespoilert – sooo schwer ist es nun auch wieder nicht, es kann sogar richtig Spaß machen!

Nachdem ich im letzten Blogbeitrag die vier Generationen – besser gesagt den Wertewandel der letzten Jahrzehnte – vorgestellt habe, geht es heute darum, wie auf Organisationsebene eine generationensensible Kultur geschaffen werden kann. Du erfährst,

  • was auf Unternehmensebene passieren muss, damit der Generationenmix funktioniert,
  • was du als Führungskraft dafür tun kannst und
  • wie ich Führungskräften wichtige, individuelle Impulse für ein gesundes Generationenmanagement gebe.

Ich berichte nichts Neues, wenn ich sage, dass insbesondere Führungskräfte bei der Umsetzung herausgefordert sind, da sie mit ihrem Handeln unmittelbar Einfluss auf die kulturellen Verhältnisse nehmen. Ihre Bemühungen allein reichen jedoch nicht aus. Auch und vor allem die Unternehmensleitung ist gefragt, dem Thema volle Priorität zu geben. Dieser Schulterschluss auf Führungsebene bildet die Grundlage einer guten, gesunden und zukunftsfähigen Unternehmenskultur. Und zu dieser gehört heute einfach auch eine Sensibilität für die Diversität der Generationen. Das betrifft die verschiedenen Lebensphasen der Mitarbeitenden ebenso wie ihre unterschiedlichen Qualitäten.*

Vorurteilsfreier Dialog der Generationen

Aus meiner Sicht besteht eine wichtige Aufgabe moderner Unternehmen heute darin, gezielt Räume für Begegnungen zu schaffen. Dabei kann HR mit einem passenden Angebot ein wichtiger Motor sein. Etwa durch einen „Marktplatz der Generationen“, auf dem man sich die unterschiedlichen Bedarfe anschaut, verschiedene Formate anbietet und miteinander ins Gespräch geht. In diesem Kontext inspiriert das Unternehmen AXA mit einem „Speed Dating der Generationen“.  Dieses Format zielt auf einen generationenübergreifenden, offenen Dialog ab. Das Ergebnis: Dieser kurzweilige, neu gestaltete Raum ist ein voller Erfolg! Die Teilnehmenden entdeckten mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede und konnten so Vorurteile ab- und Wertschätzung aufbauen. Unterm Strich also eine echte Bereicherung für alle.

Als Unternehmen bzw. als Führungskraft ist es meine Aufgabe, den Weg zum Kontakt zu ebnen – sowohl alters- als auch bereichsübergreifend. Und an diesem Punkt möchte ich noch einmal deutlich daran erinnern: Sei dir deines Schubladendenkens bewusst – wir alle kennen das. Doch wie wir mit diesem umgehen, liegt an uns selbst: Ziehe die Schublade mit den Vorurteilen 1x mehr weit heraus. Sei offen für Neues, für Unerwartetes, für Ungeahntes, für Andersartiges. Und – jede Wette! – aus der Schubladenkommode wird eine echte Schatztruhe.

Erfahrungswissen weitergeben und bewahren

Ich habe den Wertewandel der Generationen in den letzten 20 Jahren hautnah mitbekommen und genau beobachtet. Was um 2010 herum noch für viele ein zwar beachtenswertes, jedoch repriorisiertes Zukunftsthema war, ist heute brandheiß.

Schon jetzt und in den kommenden 10 Jahren verlassen sehr viele Menschen die aktive Arbeitswelt und verabschieden sich in den Ruhestand. „Knapp 70% der Baby-Boomer wollen mit 64 in den Ruhestand“ schreibt die Wirtschaftswoche am 22. Juni 2023. Dieser massive Weggang erfahrener Mitarbeitender – viele von ihnen in Führungspositionen und Expertenfunktionen tätig – hinterlässt absehbar ein großes Vakuum an Erfahrungswissen. Umso wichtiger ist es, die Übergabe und Bewahrung dieses Erfahrungsschatzes für die nächsten Generationen jetzt verfügbar zu machen, um als Unternehmen am Markt zu bestehen.

Es braucht dazu strukturierte Möglichkeiten, dieses Wissen im Unternehmensalltag weiterzugeben. Unter anderem bieten Mentoringprogramme einen hilfreichen Rahmen dafür. Sogenannte Senior-Experts können hier wertvolle Sparringspartner für Young Talents sein. Ein Beispiel aus der Praxis: Schon vor rund 10 Jahren hat der Daimler-Konzern sich sehenden Auges diesem Thema gewidmet und das Format „Space Cowboys“ ins Leben gerufen**. Statt von 100 auf 0 in den Ruhestand zu gehen, können Mitarbeitende bspw. weitere 6 Monate dem Unternehmen zur Seite stehen und ihr Wissen gezielt weitergeben. Mit solchen Angeboten werden heute wichtige Wissens- und Erfahrungslücken geschlossen, die im Laufe der kommenden Jahre für die meisten Unternehmen immer größer werden. Höchste Zeit zu handeln also!

Jeder Jeck ist anders. Jedes Unternehmen auch.

Auch wenn sich die Herausforderungen in den Unternehmen ähneln, jede Organisation, jede Führungskraft, jedes Team funktioniert im Detail unterschiedlich. Deswegen arbeite ich in meinen Formaten nicht mit universellen Patentrezepten, sondern ganz nah an den individuellen Fragestellungen im jeweiligen Unternehmens-/Teamkontext. Zum Beispiel bei der Frage „Wie können wir ein gesundes Maß von Vertrauen und Kontrolle finden?“. Hier arbeiten wir am Kern und schauen: Wo hakt es wirklich? Wieso klappt es nicht? Was läuft schon gut? Worauf können wir aufbauen? Die dann auftauchenden Ursachen und vorhandenen Ressourcen sind vielfältig. Gemeinsam erarbeiten wir anhand dieses Repertoires Lösungen und erstellen einen individuellen Fahrplan zum Ziel, der genau für dieses Team bzw. diese Abteilung passt. 

Anderen (Generationen) Verantwortung zuzutrauen, bedeutet für viele Führungskräfte zugleich Abgabe von Macht und Einfluss, und das fällt einigen sehr schwer. Hier das richtige Maß zu finden, ist tatsächlich auch nicht so leicht und ein Prozess. Zu viel Verantwortung auf einmal würde manch eine:n tatsächlich überfordern. Die Aufgaben sollten zur jeweiligen Person passen und für sie bewältigbar sein. Das setzt voraus, dass sich die Führungskraft im übertragenen Sinne auf den Stuhl des Gegenübers setzen kann, um in Ruhe zu überlegen und zu entscheiden, welcher Verantwortungsrahmen für diese Person angemessen ist bzw. wie der Weg hin zu mehr Verantwortung konkret aussehen kann.

In meinen Workshops, Seminaren oder Einzelcoachings zum Thema „Geteilte Verantwortung“ spielen wir das Prozedere durch: einem Thema Relevanz und Priorität geben, sich bewusst damit auseinandersetzen, die eigene Position überdenken, die Bedarfe anderer erkennen und dann eine Lösung für die Situation in diesem speziellen Kontext entwickeln.

Mein Appell an Unternehmen und Führungskräfte

Aus all der gesammelten Erfahrung und mit dem Blick auf das, was die Zukunft uns allen abverlangt, kann ich Unternehmen wirklich nur dazu raten, eine offene Kultur des Lernens zu etablieren. Darin enthalten sein können Lernformate, zu denen sich die Führungskräfte und Mitarbeitenden freiwillig anmelden können. Automatisch kommen Menschen aus verschiedenen Generationen und Bereichen zu einem Thema zusammen. Ein wertvoller Austausch und Raum des generationenübergreifenden Lernens ist eröffnet. Genau diese Qualität wird mir von Teilnehmenden häufig als einer der wertvollsten Aspekte im Rahmen der Fortbildungen zurückgemeldet. Vernetzung entsteht über die Bereiche und Aufgaben hinweg. Der eigene Denk-Radius und das Verständnis für die andere Person werden ganz nebenbei geöffnet.

Und last but not least: Für Unternehmen ist es auch im Hinblick auf ihr eigenes Recruiting ein echter Wettbewerbsvorteil, Lern- und Impulsformate für Führungskräfte und Mitarbeitende anzubieten. Unterm Strich ist es doch so, dass nur Unternehmen, die gut am Markt stehen, Bewerbungen von gut ausgebildeten, jungen Menschen bekommen. Unternehmen, die sich selbst als lernende Organisation begreifen und eine Kultur des Lernens und Entwickelns etablieren, haben auf lange Sicht einen klaren Wettbewerbsvorteil.

*Welche Wertvorstellungen jüngere Mitarbeitende mitbringen und wie der generationensensible Umgang miteinander gelingen kann, erfährst du in meinem ersten Blogbeitrag zum Thema Generationenmanagement.

**Wer mehr zu den Speed-Datings und Space Cowboys erfahren möchte, wird u.a. in diesem Buch fündig: „Generationen zusammen führen – Mit Generation X, Y, Z und Babyboomern die Arbeitswelt gestalten“, Daniela Eberhardt, Haufe 2021.

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Generationenmanagement Teil II – Eine Frage der Kultur

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